Ganz ehrlich: Ich habe das Thema Freiverkauf gehasst.

 

Wir haben nämlich einen entscheidenden Punkt nicht bedacht. Ansonsten hätten wir nicht nur mehr Erfolg gehabt. Wir hätten uns vor allem auch viele Schwierigkeiten erspart!

Was haben wir getan?

Ich habe vor einigen Jahren bei Coloplast als Key Account Manager Fachhandel, dann als Nationaler Marketing Projekt Manager gearbeitet.

Freiverkauf war immer ein wichtiges Thema. Obwohl im Vergleich zu den erstattungsfähigen Produkten nur minimaler Umsatz erwirtschaftet wurde.

Ich persönlich wollte mich lieber auf die „großen Umsatzbringer“ konzentrieren. Und übrigens die meisten Sanitätshäuser auch.

Aber es half ja nichts. Ziele sind Ziele. Und so haben wir unterschiedliche Aktivitäten durchgeführt. „Durchgeführt“ trifft es nicht ganz. Teilweise mussten wir Sanitätshäuser fast schon „nötigen“.

Wir haben Telefoncoachings und Verkaufstrainings angeboten, Probepackungen, Produktbeilagen, individualisierte Flyer…eine ganze Menge.

Konnten wir dadurch den Umsatz messbar steigern? Ja. Mussten wir dafür viel Zeit investieren? Und wie! Hätten wir mehr Umsatz machen können? Definitiv!

Neben den ganzen organisatorischen und prozessbedingten Hindernissen gab es vor allem eine Schwierigkeit: Der Mensch. Und zwar der Mitarbeiter im Sanitätshaus und der Endkunde.

Der Mitarbeiter als Problem beim Freiverkauf

Der typische Mitarbeiter eines Sanitätshauses möchte nicht verkaufen. Er möchte versorgen. Er möchte das Bestmögliche für den Kunden. Möglichst ohne Kosten für den Kunden.

Das hat er oder sie auch die letzten Jahre getan. Doch plötzlich soll er „verkaufen“.

Das beißt sich mit der Arbeitsbeschreibung. Bzw. mit dem Schlag Mensch, den ein Sanitätshaus normalerweise für den Job sucht.

Jetzt soll er Ware verkaufen, die gar nicht von der Krankenkasse gezahlt wird? Noch irgendwelche Zusatzprodukte? Die Kunden haben doch kein Geld! Die Produkte sind zudem per Definition „nicht medizinisch notwendig“.

Deswegen sind gute Verkaufsschulungen so wichtig (melden Sie sich bei mir, wenn Sie eine Empfehlung benötigen).

Inhalte dieser Schulungen sind auch „Verkaufstechniken“. Der Schwerpunkt sollte aber darin liegen, dass die Mitarbeiter verstehen, warum der Freiverkauf wichtig ist.

Sie müssen verstehen, dass

  1. Sie in der Informationspflicht gegenüber ihren Kunden sind
  2. Die Kunden entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben
  3. Die Vorstellung von passenden Produkten zu einer guten Beratung dazugehört

Meiner Erfahrung nach haben viele Mitarbeiter Angst die Kunden zu bedrängen. Sie zum Kaufen „zwingen zu müssen“.

Diese Angst können Sie ihnen nehmen, indem Sie kleine, für jeden erreichbare Ziele vorgeben. Das kann zum Beispiel die Zugabe und Erklärung einer Produktprobe sein. Das reicht für viele als erster Schritt.

So findet ein langsames Umdenken bei Ihren Mitarbeitern statt. Sie fühlen sich wohler im Freiverkauf.

Der Kunde als Problem beim Freiverkauf

Der Kunde muss bereit sein zu zahlen. In den meisten Fällen ist er es aber nicht.

Viele Kunden gehen mit dem Rezept ins Sanitätshaus und sind (abhängig vom Produktbereich) häufig bereit eine Aufzahlung zu leisten.

Aber Zusatzprodukte komplett selbst zu bezahlen? Darauf sind sie nicht vorbereitet.

Sie sind der Meinung, dass das Produkt, weswegen sie gekommen sind, vollkommen ausreicht. Sie kennen nicht die Hautprobleme bei der Kompressions- oder bei einer Stomaversorgung. Woher auch?

Und in dieser Sekunde soll er ein Produkt kaufen, das um ein vielfaches teurer ist als eine Creme von DM oder Roßmann? Falscher Zeitpunkt!

Die Kunden müssen sich erst dem Problem bewusst sein. Dann können sie die unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten bewerten (nichts zu tun ist für den Kunden auch eine Option).

Hier ist es die Aufgabe der Mitarbeiter den Kunden auf die Probleme aufmerksam zu machen und die unterschiedlichen Lösungen vorzustellen. Also eine umfassende Beratung.

Diese Beratung umfasst auch die Freiverkaufsprodukte (natürlich nicht ausschließlich).

Wenn die Mitarbeiter jetzt noch eine passende Produktprobe haben, die sie den Kunden kostenlos zum Testen mitgeben, ist der erste Schritt getan.

(Zufälligerweise deckt sich dieser Ansatz auch mit dem „Mitarbeiterproblem“. Weil beraten können die Mitarbeiter.)

Noch ist der Kunden aber nicht bereit zum Kaufen. Zunächst muss er das Produkt testen und bewerten, ob es für ihn den Preis wert ist.

Und in dieser Situation darf der Kunde nicht allein gelassen werden. Das war der von mir oben aufgeführte Fehler.

Wir dachten, dass wir jetzt fertig sind. Der Kunde wird ja schon testen. Ein sehr teurer Fehler.

So lösen Sie unseren Fehler

Der Kunde braucht eine klare Anweisung, was er als nächstes tun soll.

Auch wenn es sich seltsam anhört. Den Kunden muss gesagt werden was getan werden soll. Umso detaillierter desto besser:

  1. Gehen Sie nachhause
  2. Tragen Sie die Creme auf
  3. Ziehen Sie die Kompressionsstrümpfe an

Der Kunde sollte zum nächst möglichen Zeitpunkt ihr Produkt nutzen. Sollte er damit nicht zufrieden sein, hat er noch andere Optionen. Ihre Produktempfehlung ist aber die erste Wahl.

Doch was passiert wenn die Probe aufgebraucht ist?

Sie können sicher sein, dass es einige gibt, die jetzt die übrigen Produkte von DM und Co testen.

Das ist auch vollkommen in Ordnung. Es gibt nicht die eine Lösung für alle. Vielleicht kommen die Kunden zu einem späteren Zeitpunkt wieder nachdem sie die anderen Optionen getestet haben.

Die Kunden, die aber nach dem Test kaufen möchten, müssen wissen was sie zu tun haben. Deswegen die vierte klare Anweisung:

  1. „Ich bin gespannt wie es bei Ihnen mit der neuen Versorgung und der Creme läuft. Melden Sie sich bei uns nach ca. 3 Tagen oder wenn die Creme aufgebraucht ist.“

Mit dieser Anweisung zeigen Sie nebenbei Ihren Kunden, wie wichtig sie Ihnen sind und steigern Ihr Image.

Aber vor allem wissen jetzt Ihre Kunden was sie zu tun haben. Sie fühlen sich verpflichtet die Creme zu testen.

Werden sich alle Kunden melden? Nein. Aber deutlich mehr als sonst.

(Alternativ können Sie Ihren Kunden sagen, dass Sie sie nach 3 Tagen anrufen. Das ist übrigens auch ein hervorragender Grund für die Einholung einer Einverständniserklärung für Marketingzwecke! Organisatorisch kann sich der Aufwand durchaus lohnen.)

Jetzt fehlt nur noch ein Punkt: Information und Schulung Ihrer Mitarbeiter.

Nehmen Sie sie Ihre Mitarbeiter ins Boot. Erklären Sie Ihnen warum sie das machen und was genau die Kollegen zu tun haben.

Geben Sie Ihren Kunden und Mitarbeitern Zeit. Es ist eine neue Art zu arbeiten. Und wie alles Neues, benötigt es Zeit bis es in den Köpfen sitzt. Doch wenn der Prozess verinnerlicht ist, funktioniert der Freiverkauf von Zusatzprodukten wie von allein.

Manuel Krause, Geschäftsführer
Manuel Krause ist der Kopf vor und hinter der Systemic Marketing GmbH. Er brennt für alle Marketingthemen und ist immer vorne mit dabei wenn es um Prozessoptimierungen geht.
Er ist bekannt für seinen systematischen Ansatz und dem Aufzeigen von Umsatzmöglichkeiten für die Hilfsmittelbranche.
Fast so bekannt ist er für sein schnelles „Genuschel“, wenn seine Ideen wieder überhand nehmen…

Tel.: 0711 400 4787 1
E-Mail: manuel.krause@hilfsmittel-marketing.de